
Baukultur bei der Wiener Wahl 2025
Vor der Gemeinderatswahl wurde über baukulturpolitische Themen diskutiert und ein Papier über die wichtigsten Herausforderungen übergeben.
Baukulturpolitische Herausforderungen für Wien 2025
Dieses Papier beschreibt in zehn Punkten die wichtigsten gegenwärtigen baukulturellen Herausforderungen für Wien. Es wurde bei der Diskussion am 9. April 2025 den Vertreter*innen der Parteien übergeben.
Baukulturpolitische Herausforderungen
Diskussion: Weiterbauen an der Stadt der Zukunft
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion trafen am 9. April 2024 Vertreter*innen der Wiener Gemeinderatsfraktionen sowie Expert*innen aus Baukultur und Zivilgesellschaft zusammen, um zentrale Herausforderungen für die Zukunft der Stadt zu diskutieren. Die Veranstaltung wurde von der Plattform Baukulturpolitik in Kooperation mit dem Architekturzentrum Wien durchgeführt.
Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen fürs Bauen im Bestand gab es unter Omar Al-Rawi (SPÖ), Selma Arapović (Neos), Peter Kraus (Grüne), Dietbert Kowarik (FPÖ) und Elisabeth Olischar (ÖVP) große Einigkeit, allerdings wurden verschiedene Schwerpunkte genannt.
Al-Rawi sah die Bauordnung als wichtigen Hebel, um etwa bei Sanierungen vom Bebauungsplan abweichen zu können. Abbrüche nicht zu genehmigen hielt er für schwierig. Politik und Verwaltung sollten klare Messages senden, auf die die Wirtschaft reagieren kann. Es brauche mehr Nachverdichtung, wie das etwa beim Gemeindebau am Handelskai gemacht wurde.
Olischar wollte auf Private als starke Player setzen, die derzeit von der Stadt zu wenig einbezogen würden, diese wolle alles selbst machen. Es brauche Anreize, um Erhaltung attraktiver zu machen, dafür brauche es auch den politischen Willen, damit nicht, wie kürzlich am Währinger Gürtel versucht, im Bestand abgezont würde. Die Bauordnung solle zwischen Bestand und Neubau unterscheiden, vieles sei überholt und müsse evaluiert werden.
Arapović stellte die Verknüpfung von Sanierung und Dekarbonisierung in den Vordergrund, dafür brauche es viele Hebel, teils bei der Stadt, teils beim Bund. So müssten mehr Gewerbebrachen genützt werden, neben der Bau- sollte auch die Gewerbeordnung zwischen Neubau und Sanierung differenzieren.
Kraus sprach von einer nachhaltigen Bauwende, da gehe es um Ressourcen- und Bodenschutz, aber auch um Soziales. Der Altstadterhaltungsfonds solle für kreislauffähige Sanierungen weiterentwickelt werden. Er erwähnte weiters das Thema Leerstand und dessen Mobilisierung, bei dem es seit einigen Monaten die Länderkompetenz für Abgaben gebe, dies aber bisher nicht genutzt wurde.
Kowarik sah drei Handlungsbereiche: die Gemeindebauten im eigenen Besitz der Stadt, die Rahmenbedingungen für Private, z.B. die Bauordnung, und Förderungen. Die Bauordnung sei zu kompliziert und schwer durchschaubar. Er nannte als beste Maßnahme gegen Leerstand eine Mietrechtsreform.
Auch die Aufwendung umfangreicherer Mittel für Klimawandelanpassung wurde generell unterstützt. Kowarik meinte, dass es wenig budgetären Spielraum gebe. Grundsätzlich würde die Stadt diesbezüglich einiges tun, das sei aber Klein-Klein, man müsse an das Thema großzügiger herangehen.
Al-Rawi verwies auf die in den vergangenen fünf Jahren umgesetzten Projekte, z.B. Raus aus dem Asphalt oder die Liesing-Renaturierung, aber auch Klimaschutzprojekte wie das Erdwärmekraftwerk in Aspern.
Arapović stellte fest, es brauche mehr Kühlräume. In der letzten Bauordnungsnovelle sei viel für das Mikroklima verbessert worden, beispielsweise bei Fassaden- und Dachbegrünungen. Klimawandelanpassung müsse Hand in Hand gehen mit Verkehrsberuhigung.
Kraus verwies darauf, dass es neben Klimawandelanpassung auch Klimaschutz brauche. Die Grünen forderten eine Verdopplung des Straßenbaumbestands in Wien (+100.000). Und er kritisierte den Bau des Lobautunnels als falschen Weg, dadurch würde eine Fläche im Ausmaß des 15. Bezirks versiegelt. Weiters forderte er einen Klimawandelanpassungsfonds, für den es durch die EU-Renaturierungsverordnung Mittel gebe.
Olischar sah die Verkehrsberuhigung der Innenstadt als Potenzial für Begrünungen. Wien habe ein Ausgabenproblem, aber durch Einsparungen bei Großprojekten könnten Mittel freigemacht werden.
Sogar zum Thema der Reduktion von Parkplätzen zugunsten der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum gab es große Übereinstimmung – Kowarik war bei diesem Diskussionsthema allerdings nicht mehr anwesend. Olischar meinte, man müsse die Gründe für steigende Pkw-Zahlen betrachten, um Lösungen zu finden. Der öffentliche Verkehr müsse eine echte Alternative sein, vor allem auch in den Außenbezirken, das sei derzeit nicht so. Sie schlug weiters Hochgaragen vor, die leicht rückbaubar oder umnutzbar seien.
Kraus verlangte die Abschaffung der Stellplatzverpflichtung. Wien sei aus seiner Sicht zu langsam: Paris baue 500 Gartenstraßen in fünf Jahren, Wien plane 25 in zehn Jahren.
Arapović verwies auf die hohen Investitionen der letzten Jahre in öffentlichen Verkehr und aktive Mobilität, etwa in die Radinfrastruktur.
Und Al-Rawi meinte, wir bräuchten einen Mix aus Pull und Push: Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs und Parkraumbewirtschaftung. Die Stellplatzverpflichtung sei bereits reduziert worden.
Weitere diskutierte Themen waren das Projekt Westbahnpark, Leerstandserhebung und Leerstandsabgabe, die Klimaschädlichkeit von Beton und die Gestaltungsqualität im öffentlichen Raum. Am Ende der Veranstaltung wurde den Teilnehmer*innen das Papier der Plattform Baukulturpolitik mit den Baukulturpolitischen Herausforderungen für Wien 2025 übergeben: Bestandserhaltung, Klimawandelanpassung, Qualität des öffentlichen Raums, qualitätvoller Wohnbau, Klimaschutz, Bodenverbrauch, Kreislaufwirtschaft, Leerstand und Brachen, qualitätsorientierte Vergabe und Baukulturvermittlung.
Veranstaltung zur Wiener Wahl 2025
Vor der Wiener Gemeinderatswahl 2025 diskutierten Vertreter*innen der Parteien über ihre Konzepte zur Entwicklung Wiens hinsichtlich Stadtraum, Freiraum und Architektur.
Mittwoch, 9.4.2025, 18–20 Uhr
Architekturzentrum Wien – Podium
Museumsplatz 1 1070 Wien
Im Zentrum der Veranstaltung standen die wichtigsten aktuellen Themen der Baukultur, die sich heute in einer Großstadt wie Wien stellen: Wie kann der Gebäudebestand besser als bisher genutzt und Neubauten auf der grünen Wiese reduziert werden? Welche Strategien machen den Stadtraum klimaresilient und wie schaffen wir es weiterhin, auch im heißen Sommer, gut in der Stadt zu leben? Und wie steht es um den öffentlichen Raum in Wien und seine Qualität? Drei Expert*innen eröffneten die Dialoge mit den Politiker*innen; das Publikum war eingeladen mitzudiskutieren.
Themenfelder und Expert*innen:
• Birgit Knauer, TU Wien: Bauen im/mit Bestand
• Simon Tschannett, Meteorologe, Stadtklimatologe: Klimawandelanpassung
• Robert Temel, Plattform Baukulturpolitik: Qualität des öffentlichen Raums
Gäste:
Omar Al-Rawi, SPÖ
Selma Arapović, Neos
Dietbert Kowarik, FPÖ
Peter Kraus, Grüne
Elisabeth Olischar, ÖVP
Moderation: Renate Hammer, Architektin
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Architekturzentrum Wien.